„Ich war fremd - ihr habt mich aufgenommen“ Flüchtlinge in Inzell - bisher ohne Probleme Gemeindefinanzen Diskussionsthema bei der SPD - Jahreshauptversammlung
SPD in Inzell
„Die SPD in Inzell ist eine kleine, aber feine Partei“ mit diesen Worten begrüßte der Vorsitzende der SPD Inzell, Sepp Rieder, die gut besuchte Jahreshauptversammlung. „Wenn mehr Nichtmitglieder hier sind als Mitglieder, zeigt das, wie gut verankert die SPD in Inzell ist“, freute sich Rieder und warb gleichzeitig dafür, die großen demokratischen Parteien durch aktive Mitgliedschaft zu stärken.
In seinem Rückblick auf das abgelaufene Jahr merkte Sepp Rieder an, dass sich die SPD in Inzell „nicht mit der großen Politik, sondern mit kommunalpolitischen Fragen beschäftigt hat“. Die SPD Inzell trifft sich regelmäßig zu Mitgliederversammlungen, zu denen immer auch Nichtmitglieder mit eingeladen werden, um einen „breiten Meinungsaustausch“ sicherzustellen. Seit 2016 gibt es auch einen „roten Stammtisch“, der sich viermal im Jahr ohne Tagesordnung treffen wird, um alle Fragen diskutieren zu können, die aktuell bewegen. Schatzmeisterin Ursula Schreiber legte den Jahresabschluss der SPD Inzell vor: „Wir sind mit unseren eingeschränkten finanziellen Mittel sehr sorgsam umgegangen, so dass unser Kassenbestand sich positiv entwickelt hat“ resümierte sie.
SPD und Gemeindepolitik in Inzell
„Ob bei den Mitgliederversammlungen oder den Stammtischen, vieles was da gesagt wird, fließt in unsere kommunale Arbeit mit ein“, unterstrich Rieder den Wert dieser Veranstaltungen. Erfreut zeigte sich Rieder über die gute Zusammenarbeit mit Bürgermeister Hans Egger sowie den anderen Fraktionen im Gemeinderat. Er wies darauf hin, dass der in der letzten Gemeinderatssitzung verabschiedete Haushalt vordergründig sehr gut aussieht. „Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass dies vor allem auf die Grundstücksverkäufe in der Nordgschwall zurückzuführen ist.“ Diese Erträge würden nicht „verbraten“ unterstrich Rieder. Aus diesen Verkäufen müssen nach seiner Auffassung Rücklagen für die „aufgeschobenen Infrastrukturmaßnahmen“ gebildet werden. Wichtig sei, dass dabei die für die Bevölkerung wichtigen Maßnahmen, wie Straßenbau bevorzugt werden. Er wies darauf hin, dass die Finanzierung wichtiger Gemeindeeinrichtungen wie das Schwimmbad und die Max Aicher Arena eine dauerhaft große finanzielle Herausforderung für die Gemeinde darstellen. Kurz ging Rieder auch auf die Situation der Flüchtlinge, die zwischenzeitlich an vier Standorten in Inzell untergebracht sind. Rieder weiter: „Ernsthafte Probleme haben wir bisher mit den Flüchtlingen nicht gehabt“ Auffällig sei lediglich, dass nur wenige dauerhaft in Inzell bleiben, da wohl die großen Städte attraktiver sind.
Flüchtlinge in Inzell
Als Vertreterin des „Projekt Asyl Inzell“ gab Annelie Gromoll einen Überblick über die Flüchtlingssituation im Ort. Ihren Ausführungen stellte sie als Leitspruch Matthäus 25 Vers 40 voran:
„Ich war fremd - ihr habt mich aufgenommen.“
Im November 2013 wurde der Gemeinderat darüber informiert, dass im „Berghof“ unter der Zuständigkeit der Regierung von Oberbayern eine Gemeinschaftsunterkunft entstehen soll. Das diakonische Werk Traunstein übernahm von Anfang an die soziale Beratung durch eine fest angestellte Sozialpädagogin. Im Berghof sind zurzeit 55 Personen untergebracht.
Die dezentralen Unterkünfte in Inzell, „Gasthaus Fantenberg“ mit 22 Personen, „Gasthaus Boden“ mit 25-35 Personen sowie Einzelwohnungen im Schwarzberger Weg mit 7 Personen, unterliegen der Zuständigkeit der Kommunen. In Inzell erfolgt seit dem Mai 2014 die soziale Beratung der Asylbewerber durch die hauptamtliche Sozialpädagogin. Die regelmäßigen Beratungsstunden von zurzeit 22 Wochenstunden werden per Aushang in den Unterkünften bekannt gegeben. Von Anfang an waren Ehrenamtliche aus Inzell aktiv unterstützend tätig. Wichtig sind die Kontakte mit der Schule, dem Kindergarten, den Ärzten, der Gemeinde und anderen sozialen und sportlichen Einrichtungen. Die Asylbewerber würden durch Ehrenamtliche zu den Ämtern begleitet und bei der Jobsuche geholfen. Aber auch bei der sinnvollen Freizeitgestaltung würde Unterstützung angeboten. Sehr wichtig seien auch menschliche Gesten, wie beispielsweise die Übernahme von Patenschaften für Neugeborene oder ein Ladungen zum Friedensfest. Sehr wichtig sei der Deutschunterricht für die Flüchtlinge. „Hier geht es“ so Gromoll “ nicht nur um die Vermittlung der deutschen Sprache, sondern auch um die Vermittlung unserer Kultur und Wertevorstellungen“. In diesem Deutschunterricht werde vieles vermittelt. „Von „A“, Anerkennung der Frau als gleichberechtigte Partnerin, bis „Z“, gesellschaftliches Zusammenleben in Deutschland“ so Gromoll weiter, „reicht die Themenpalette“. Im Umgang mit den Flüchtlingen gelte, „Je mehr wir selbst ernsthaft mit unseren Werten umgehen und diese leben, umso besser können wir die Integration bewältigen“. Hass und Parolen sind dabei nicht hilfreich. Was zu Beginn nach einer kurzfristigen Flüchtlingshilfe wie in der Vergangenheit ausgesehen habe, habe sich zwischenzeitlich zu einem nachhaltigen sozialen Thema durch alle Lebensbereiche entwickelt. Die Globalisierung gelte nicht nur für den Warenverkehr, sondern zunehmend auch für die Menschen, die dorthin gehen, wo sie sich ein menschenwürdiges Leben versprechen. Der Klimawandel werde diese Entwicklung noch verstärken. Für ihren Schlusssatz „Mein Eindruck ist, wir leisten hier vor Ort Entwicklungshilfe, ohne den Ort verlassen zu müssen“ bekam Annelie Gromoll viel Beifall der Anwesenden, was sicher auch als Anerkennung für die vielen Ehrenamtlichen und ihre uneigennützige Arbeit.
Kommunalpolitik in Inzell
Bürgermeister Hans Egger zollte den Leistungen der Ehrenamtliche höchste Anerkennung: „Für das was Ihr geleistet hat, ist ein Dankeschön fast zu wenig!“. Er lobte das Engagement von Annelie Gromoll, die von Anfang an als Ehrenamtliche dabei gewesen ist. Zwischenzeitlich gebe es eine stattliche Anzahl von Ehrenamtlichen. Mit den Worten „Ohne euch ging das alles nicht!“ brachte Bürgermeister Egger auf den Punkt, wie wichtig diese Unterstützung ist. Dass es in Inzell bisher ohne nennenswerte Probleme funktioniere, sei sehr stark auf dieses Engagement zurückzuführen.
Auch wenn die Flüchtlingsfrage zurzeit das alles dominierende Thema sei, gebe es in der Gemeinde viele andere wichtige Herausforderungen. „Die Gemeindefinanzen stellen sich aktuell sehr positiv war.“ so Hans Egger. Die dafür verantwortlichen Einnahmen aus den Grundstücksverkäufen der Gschwall Nord müssten dafür verwendet werden, „Altlasten“ aus dem Investitionsstau der Vergangenheit abzubauen. Als notwendige „Investitionen in die Zukunft“ benannte er den Straßenbau, Sanierung der Schule, die Breitbandverkabelung, den Badepark, die Max Aicher Arena weitere gemeindliche Aufgaben. Als ein Beispiel für schnelles und effektives Handeln nannte er den Anschluss von Inzell an die Gasversorgung. Mit der Gasversorgung sind Einsparungen in anderen Bereichen verbunden: „Wir haben im Gemeinderat ein Blockheizkraftwerk für die Max Aicher Arena beschlossen, die uns pro Jahr bis zu 200.000 € Einsparungen bei den Energiekosten bringen kann“ so Hans Egger. Auch in den anderen gemeindlichen Einrichtungen gäbe es Einsparpotenziale bei der Energie. Als Wermutstropfen für den Gemeindehaushalt bezeichnete es Bürgermeister Egger, dass die trotz Reduzierung auf 53 % um 140.000 € gestiegene Kreisumlage sowie die um 73.000 € verminderte Schlüsselzuweisung zu einer Lücke im Inzell Haushalt von 213.000 € führen. Mit Bedauern stellte Egger fest: „Das Geld fehlt uns für unsere kommunalen Aufgaben im laufenden Haushalt“. Lob fand der Bürgermeister für die „einvernehmliche und spannungsfreie“ Zusammenarbeit mit allen Fraktionen im Gemeinderat. „Wir haben noch einige schwierige Aufgaben und Jahre vor uns. Zusammen können wir die vor uns liegenden Herausforderungen schaffen, wir müssen einfach nur weiter zusammenstehen“ betonte Hans Egger zum Schluss seiner Ausführungen.
Diskussion
In der sehr offen geführten Diskussion, erklärte Annelie Gromoll auf Nachfrage, dass die Flüchtlinge finanziell „nicht auf Rosen gebettet sind“. Sie erhielten etwas weniger als Hartz IV. Auf kleinere Auseinandersetzungen in den Flüchtlingsunterkünften angesprochen führte sie aus, dass es einzelne Reibereien gegeben hat. Dies sei aber auch nicht verwunderlich, da sehr viele Flüchtlinge aus unterschiedlichsten Nationen auf engstem Raum untergebracht sind. Wichtig wäre es, dass die Flüchtlinge arbeiten dürften oder anders sinnvoll beschäftigt werden könnten.
„Wie geht es mit der Max Aicher Arena weiter?“ war eine weitere Frage. Die anwesenden Mitglieder der Arbeitsgruppe, Bürgermeister Hans Egger, Wilfried Hess und Michael Kötzinger, berichteten, dass zunächst eine umfassende Grundlagenermittlung erarbeitet wurde, die zum Inhalt hatte, was in der Max Aicher Arena überhaupt geht. Um dies abschließend bewerten zu können, müssen die Ergebnisse weiterer Gutachten (Brandschutz, Emission, Sicherheit) abgewartet werden. „Der Illusion, dass wir vorhandene Defizite durch große Events ausgleichen können, dürfen wir uns nicht weiter hingeben“ warf Wilfried Hess in die Diskussion ein. Ein großer Schritt nach vorne stelle seiner Auffassung nach das Blockheizkraftwerk dar, das den wahrscheinlich größten Beitrag zur Verringerung des Defizits bringen wird. Hier habe der Gemeinderat und an seiner Spitze Bürgermeister Hans Egger schnelle und gute Arbeit geleistet. Es wurden in der fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe alle Vorschläge, die in der Vergangenheit eingebracht wurden gesichtet und mit denen diskutiert, die diese Vorschläge eingebracht hatten. Einige der Vorschläge wurden umgesetzt. Andere Vorschläge könnten erst dann abschließend bewertet werden, wenn die Gutachten vorliegen. Dann müssen entschieden werden, was geht und was davon tatsächlich umgesetzt werden soll. „Uns geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ bemerkte Wilfried Hess.
Auf die Frage, warum der Landkreis sich nicht stärker an der Finanzierung der Sportstätten beteilige, antwortete Bürgermeister Egger, dass dies wohl nur sehr schwer durchzusetzen sei. Allerdings sei es richtig, dass kleine Gemeinden auf Dauer nicht in der Lage sind, die Sportstätten finanziell im bisherigen Umfang zu schultern. „Hier sitzen alle Gemeinden mit Sportstätten in einem Boot“ meinte Egger. Es gelte, diese Frage auf politischer Ebene, im Bund und Land, zu bearbeiten. „Die Sportstättenförderung wird für die Gemeinden zu einem wichtigen Thema in den nächsten Jahren“ so Bürgermeister Egger weiter.
Die Frage „bleibt der Badepark oder nicht“ wollte Sepp Rieder, als Mitglied der für diese Thematik gebildeten Arbeitsgruppe, nicht abschließend beantworten. Es seien die Grundlagen ermittelt und ein Planungsbüro beauftragt worden, Vorschläge für den uneingeschränkten Fortbestand des Badeparks zu erarbeiten. „Grundsätzlich gilt für mich“ so Sepp Rieder „dass wir nur das machen, was wir uns auch leisten können“. Das gelte zum einen für notwendige Investitionen. Hier sind Förderanträge gestellt und es werde derzeit geprüft, ob Zuschüsse möglich sind. „Zum anderen müsse aber auch sichergestellt sein, dass wir uns die laufenden Unterhaltskosten auf Dauer leisten können“ so Rieder weiter.
Ob denn das „Almdorf“ gebaut würde, wann in Inzell ein neues großes Hotel angesiedelt wird und welche Auswirkungen die „Naturparkregion“ auf Inzell hat, waren weitere Fragen. Zum Almdorf merkte Bürgermeister Egger an, dass er unverändert davon ausgehe, dass dieses gebaut wird. Allerdings sei dies nichts, was die Gemeinde entscheiden könne, da es sich um einen privaten Investor handelt. Dies gelte auch für die Frage, ob Inzell ein neues großes Hotel bekomme oder nicht. „Natürlich wäre das schön“ so der Bürgermeister „aber wir können das nicht selbst bauen“. Zur Naturparkregion sagte er, dass dies vor allem touristische Vorteile hätte. Ob dieses Projekt aber überhaupt zustande käme, hängt von den Entscheidungen der einzelnen Gemeinden ab.